In der gemeinsamen Zeit, nachdem euer Kind gestorben oder still geboren ist, liegt eine besondere Chance für die Trauernden. Vielleicht braucht ihr etwas Zeit, bis ihr euch fürdie erste Begegnung mit ihm öffnen könnt und es zu euch nehmen möchtet. Vielleicht macht ihr euch Gedanken, wie es aussehen könnte, ob ihr seinen Anblickertragen werdet. Auf lange Sicht werdet ihr jedoch froh und dankbar sein, wenn ihr euer Kind begrüßt und es genau angeschaut habt. Bedenkt, dass ihr jetzt – und nur jetzt – physisch Abschied nehmen und wertvolle Erinnerungen sammeln könnt.
Wenn ihr soweit seid, wünscht ihr euch vielleicht die Begleitung der Hebamme, eines Seelsorgers oder einer anderen vertrauten Person. Wenn ihr befürchtet, den Anblick nicht ertragen zu können, kann diese Person zuerst das Baby für euch ansehen und es euch beschreiben beziehungsweise euch ein Foto von ihm zeigen. Nehmt euch alle Zeit, die ihr braucht, um euer Kind zu begrüßen, es anzusehen und dann wieder Abschied zu nehmen. Diese Zeit mit eurem Baby ist unwiederbringlich! Vielleicht reichen die Minuten oder Stunden im Kreißsaal. Vielleicht wollt ihr euer Kind aber auch Stunden nach der Geburt noch einmal sehen und eine Weile bei euch haben.
Als Eltern habt ihr das Recht, euer Kind nach der Geburt zu sehen! Dieses Recht besteht nach einer natürlichen oder eingeleiteten Geburt, aber auch nach einer Ausschabung. Bitte lasst die Ärzte und Hebammen vor der Geburt oder Ausschabung wissen, dass ihr euer Kleines sehen möchtet, damit es nicht sofort weggebracht wird. Gebt Bescheid, selbst wenn ihr euch noch nicht sicher seid, ob ihr es schaffen werdet, denn Nein sagen könnt ihr später immer noch.
Aber selbst wenn ihr vor der Geburt angegeben haben solltet, euer Baby nicht sehen zu wollen, könnt ihr eure Meinung immer noch ändern und es später begrüßen.
Begegnet eurem Kleinen und seid mit ihm, wie auch immer das für euch richtig ist. Vielleicht ist der Gedanke zu Beginn abschreckend, euer totes Kind zu sehen und anzufassen. Aber aus der Erfahrung lässt sich sagen, dass für die meisten Eltern diese Begegnung, die Zeit miteinander sehr hilfreich war. Erst wenn wir etwas wirklich »begreifen«, seine Realität erfassen, können wir uns dann auch langsam davon verabschieden.
Weiterhin ist zu überlegen, ob ihr eine Segnung, eine Namensgebungszeremonie oder ein anderes Ritual im Krankenhaus wünscht.
Ihr könnt mit eurem Sternenkind auch nach Hause gehen, um in gewohnter Umgebung von ihm Abschied zu nehmen. Dafür gibt es die Möglichkeit der sogenannte Aufbahrung. Innerhalb der Aufbahrungsfrist, die in der Regel 36 Stunden nach Geburt beträgt, können Eltern ihr Kind mit nach Hause nehmen.
Hierfür kann ein mobiles Kühlsystem, das sogenannte Cuddle Cot sehr hilfreich sein. Bei Hopesangel könnt ihr ein Cuddle Cot ausleihen.
Auch bei Fehlgeburten in früherem Stadium, zum Beispiel nach einer Ausschabung oder einem natürlichen Abgang könnt ihr euch die Gewebereste oder den kleinen Embryo mitgeben lassen oder selber sicherstellen.
Schon alleine die Zeit, die ihr mit eurem Kleinen verbringt, schafft Erinnerungen. Aber da die Zeit, die ihr miteinander habt, so kurz ist, empfehlen wir sie zu nutzen und weitere Erinnerungen zu schaffen.
Zum Einen gibt es vielleicht die selbst erfahrene Erinnerung, wie sich euer Kleines in eurer Hand, auf eurem Arm anfühlt, zum Anderen ist es möglich auch andere sichtbare Erinnerungen an euer Baby zu schaffen, wie etwa Fotos oder eine Erinnerungsmappe anzulegen. Später ist es für viele Eltern schön und hilfreich, diesen Erinnerungen zu Hause einen festen Ort zu geben.
Im folgenden findet ihr eine Ideenliste, die euch ein paar Anregungen gibt:
Trauer ist der Ausdruck unserer Liebe zu unserem verstorbenen Kind. Sie ist etwas ganz Individuelles. Es gibt so viele Arten zu trauern, wie es Menschen gibt. Alles ist erlaubt, alles darf sein!
Daher möchten wir euch ermutigen: Steht zu eurer Trauer, wann auch immer sie auftreten mag. Erlaubt euch eure Gefühle, je mehr ihr sie euch eingesteht, je mehr Raum ihr ihnen geben könnt, um so hilfreicher ist dies für euren Trauerprozess. Das ist nicht immer einfach, das ist nicht bequem, aber wenn ihr mit den Wellen eurer Gefühle mitgeht, dann helfen sie euch, einen Weg in euer neues Leben ohne euer Sternenkind zu finden. Die gelebte Trauer ist der Boden, der euch weiterträgt.
Für manche ist es einfach oder fast unumgänglich, sich ihrer Trauer gleich zu stellen. Andere wiederum brauchen Zeit. Zeit, um erst wieder stabiler zu werden. Vielleicht stürzen sie sich zunächst in ihre Arbeit oder andere Aktivitäten und schieben das Erlebte erst einmal zur Seite und nähern sich später diesen schmerzhaften Gefühlen. Auch dies ist ein möglicher Weg, mit der Trauer, dem Erlebten umzugehen.
Es ist aber wichtig, die Trauer dann zu einem anderen Zeitpunkt zum Ausdruck zu bringen. Unausgesprochene, ungelebte Trauer kann sich anstauen und manchmal zu körperlichen Beschwerden führen. Der Versuch, den Schmerz zu unterdrücken kann auch dazu verleiten, dass jemand zum Alkohol greift, um mit dem Erlebten besser umgehen zu können und durch die nicht verarbeiteten Gefühle kann auch eine Depression entstehen.
Macht euch auch bewusst, dass ihr mit eurer Trauer nicht abschließen müsst. Sie muss nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt weg sein. Das wird nicht möglich sein, auch wenn ihr dies vielleicht von eurer Umgebung gespiegelt bekommt. Nach dem Tod eines Kindes wird niemals wieder alles genau wie vorher sein, aber es wird irgendwann einmal wieder auf neue Weise gut werden. Auch wenn ihr euch das im Moment nicht vorstellen könnt.
Viele betroffene Eltern, bei denen der Verlust ihres Kindes schon länger zurückliegt, beschreiben, dass die Trauer und die Sehnsucht nach diesem Kind sie von nun an in Wellen ihr Leben lang begleitet. Wenn die Trauer aber einmal richtig Platz bekommen hat – wie auch immer ihr das lebt – dann wisst ihr immer besser, wie alle zukünftigen Wellen der Trauer zu nehmen sind. Es geht darum, eurem toten Kind mit der Zeit einen neuen Platz in eurem Leben zu geben, eine neue andere Beziehung zu ihm aufzubauen, wie auch immer die für euch aussehen mag.
Scheut euch nicht, euch auf diesem oft schmerzhaften Weg Hilfe zu holen. Sich Hilfe holen bedeutet, dass ihr für euch einsteht, dass ihr die Kraft und den Mut habt zu sagen: »Ich brauche Hilfe«.
Vor allem, wenn ihr in einem späteren Stadium der Schwangerschaft euer Kind verloren habt, gebt euch Karenzzeit und holt euch Unterstützung für den Alltag. Ihr seid im Wochenbett. Ihr könnt Freunde und Verwandte darum bitten, euch Essen vorbeizubringen oder Einkaufen zu gehen. In manchen Fällen finanziert die Krankenkasse für eine bestimmte Zeit eine Haushaltshilfe.
Gespräche mit Freunden oder Angehörigen können helfen, aber oftmals sind diese mit der Situation überfordert. Oft sind die begleitenden Hebammen und/oder Klinikseelsorger eine wertvolle Unterstützung.
Viele Eltern haben das Bedürfnis mit anderen Menschen zu sprechen, die das gleiche oder ähnliches erlebt haben. Vielleicht gibt es in eurem Freundes- oder Bekanntenkreis so jemanden, der auf euch zukommt oder an den ihr euch wenden möchtet. Darüber hinaus gibt es Selbsthilfegruppen, in denen ihr euch mit anderen betroffenen Eltern austauschen könnt, ebenso Trauerbegleiter und Heilpraktiker (für Psychotherapie), die euch in eurer Trauer begleiten können.
Liste mit Hilfsangeboten in der Region
Für Paare ist es in der schweren Zeit der Trauer wichtig, sich bewusst zu machen, dass jeder Mensch auf seine ganz eigene Weise trauert. Dem/der einen helfen gewohnte Strukturen und er/sie stürzt sich eher in die Arbeit. So wird versucht den Alltag möglichst aufrecht zu erhalten und vielleicht erst einmal wenig über das Erlebte zu sprechen. Für den/die andere/n ist dies unmöglich, er/sie kann sich kaum zu den alltäglichsten Dingen aufraffen und sehnt sich nach Austausch, sucht nach Überlebensstrategien. So kann Enttäuschung entstehen und das Gefühl des Allein(gelassen)seins. Wenn du meinst, dass dein Partner gar nicht trauert, frag nach, statt Vermutungen anzustellen und deshalb traurig oder wütend zu werden. Sprecht miteinander, tauscht euch aus und schaut, wo ihr Begegnungsflächen findet und für euch schaffen könnt. Und versucht dabei, das Anders-Sein des Partners so gut wie möglich zu akzeptieren.
Manche trauernden Väter möchten ihrer Partnerin Stärke zeigen, wollen vor allem die Mutter trösten und unterstützen. Dadurch kann es sein, dass sie sich schwerer tun, ihre eigene Trauer zuzulassen. Vielleicht trauern Frauen und Männer anders, vielleicht macht die Dauer der Beziehung zum ungeborenen Kind – die bei der Mutter naturgemäß länger ist – einen Unterschied.
Fakt ist: die Seele des Menschen macht keine Geschlechtsunterschiede, und ein Mann darf und muss genauso trauern und weinen wie seine Partnerin, um über diesen tragischen Verlust hinwegzukommen. Deswegen fördert und unterstützt euch gegenseitig in eurer Trauer, um Partnerschaftskonflike möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Als trauernder Vater kannst du dich fragen:
Einen Beitrag zur Trauer von Sternenvätern und ein sehr berührendes Gedicht »Für alle Sternenpapas« findet ihr hier.
Immer wieder meinen Menschen in der ersten heftigen Trauerphase nach dem Tod ihres Kindes, dass sie therapiebedürftig sind. Das ist verständlich, fühlen sie sich doch im wahrsten Sinne des Wortes ver-rückt und nichts ist mehr, wie es vorher war. Wenn ihr solche Gedanken habt, macht euch bitte klar, dass Trauer eine normale Reaktion auf ein unnormales, erschütterndes Ereignis ist. 85 Prozent aller Menschen schaffen es aus eigener Kraft mit ohne oben genannten Möglichkeiten der Unterstützung, den Weg in ein lebenswertes neues Leben zu finden.
Siehe auch unseren Beitrag »Trauer von Geschwisterkindern«